Die Militärpolizei hat zwei Syrer wegen des Verdachts auf Menschenschmuggel im großen Stil in die Niederlande verhaftet. Der 35-jährige Hauptverdächtige und sein 26-jähriger Cousin sollen für den Schmuggel von Hunderten von Flüchtlingen aus Italien, Griechenland, Österreich und Ungarn verantwortlich sein.
Die Männer waren von Eindhoven aus unterwegs. Dort hat die Militärpolizei auch eine weibliche Verwandte der beiden festgenommen. Sie wurde jedoch am vergangenen Sonntag wieder freigelassen, nach Angaben der Staatsanwaltschaft "in Erwartung weiterer Ermittlungsergebnisse". Die Frau soll Bargeld für die beiden Männer aufbewahrt haben. Anfang des Monats wurde ein 27-jähriger syrischer Komplize in Budapest verhaftet.
Dies ist das erste Mal, dass ein von den Niederlanden aus operierendes Schmugglernetzwerk zerschlagen wurde. Die Militärpolizei sagt, sie habe Hinweise darauf, dass es noch mehr solcher Netzwerke in unserem Land gibt.
Die Schleusung begann in der Türkei, wo Anwerber syrische Flüchtlinge suchten, die mit dem Boot nach Griechenland oder Italien übersetzen sollten. Diese bezahlten 7.000 Euro im Voraus. Die Reise mit einem privaten Auto oder Van von Italien aus kostete weitere 700 Euro. Ein Teil dieses Preises musste zu Beginn der Reise bezahlt werden, der Rest bei der Ankunft. In den letzten Monaten haben die Männer ihre Preise wegen der stark gestiegenen Zahl der Flüchtlinge verdoppelt.
Die Ermittlungen gegen die Männer unter der Leitung der Nationalen Staatsanwaltschaft begannen vor einem Jahr. Die Ermittler arbeiteten unter anderem mit Behörden in Ungarn, Deutschland, Österreich und Italien sowie Europol zusammen. Der 35-jährige Syrer, selbst ein Flüchtling mit Aufenthaltsstatus, leitete das Netzwerk. Er organisierte die Transporte und stellte Autos und Fahrer zur Verfügung. Über die Türkei wurden die Flüchtlinge zu "Sammelstellen" in Athen, Budapest, Wien und Mailand gebracht.
Auch hier waren die Kollaborateure bereit. Sobald sie eine Gruppe von Flüchtlingen zusammen hatten, die mit ihnen in die Niederlande fahren wollten, riefen die Anwerber den Hauptverdächtigen an.
Je nach Größe der Gruppe schickte der Mann dann ein Auto oder einen Van zum Sammelplatz. Diese wurden von niederländischen Fahrern gefahren. Dabei benutzten sie oft Mietwagen, unter anderem, um sich vor der Polizei zu verstecken.
Die Fahrer setzten die Flüchtlinge in den Niederlanden ab, jedes Mal an einem anderen Ort. Manchmal reisten die Flüchtlinge dann weiter nach Schweden, Dänemark oder Norddeutschland. Der Hauptverdächtige organisierte Dutzende von Transporten, in letzter Zeit fast täglich, so die Staatsanwaltschaft. Daran waren Hunderte von Flüchtlingen beteiligt. Soweit bekannt ist, ist keiner von ihnen gestorben, so die Militärpolizei.
Der Handel war lukrativ. Der Hauptverdächtige verdiente damit mindestens 60.000 bis 120.000 Euro pro Jahr. In den letzten Wochen schwoll der Flüchtlingsstrom so stark an, dass der Mann etwa 20.000 Euro pro Woche kassierte. Die Fahrer, die die Flüchtlinge in die Niederlande schmuggelten, erhielten dafür höchstens 100 Euro pro Fahrt.Die Militärpolizei hatte den Hauptverdächtigen schon seit mindestens einem Jahr auf dem Radar. Die ersten Hinweise auf die Existenz des Schmugglernetzwerks erhielt die Dienststelle im vergangenen Jahr bei einer mobilen Grenzkontrolle. Danach lieferten Telefonabhörungen und Überwachungen weitere Beweise.
Im letzten Winter kam der Schmuggel wegen des kalten Wetters zum Stillstand. Im Frühjahr nahm das Netzwerk wieder Fahrt auf.
Mehrere europäische Länder kooperieren bei der Zerschlagung von Schmugglernetzwerken, sagt Sicherheits- und Justizminister Van der Steur. "Wir haben diese Zusammenarbeit vor einigen Monaten begonnen, zum Beispiel mit Italien. Die Verhaftungen von heute Morgen zeigen, dass sie erfolgreich ist."
Schiphol
Die Militärpolizei sagt, dass sie versucht, Menschenschmuggler auf vielfältige Weise aufzuspüren: durch Kontrollen am Flughafen Schiphol und am Flughafen Eindhoven, entlang der Autobahnen in der Grenzregion und in internationalen Zügen.
Gestern wurde bekannt gegeben, dass ein spezielles Team eingerichtet wird, um solche Netzwerke aufzurollen.