Auszug
Abteilung Strafjustiz
Aktenzeichen : 20-002005-15
Urteil : 21. November 2016
Urteil der Mehrfachkammer für Strafsachen des Berufungsgerichts
's-Hertogenbosch
nimmt die Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts von Ostbrabant vom 11. Juni 2015 in der Strafsache mit der Staatsanwaltschaftsnummer 01-879634-14 gegen zur Kenntnis:
[Angeklagter] ,
geboren in [Geburtsort] am [Datum der Geburt] ,
derzeit wohnhaft in PI Zuid West - De Dordtse Poorten in Dordrecht.
Berufung
Mit dem Berufungsurteil wurde der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von 18 Jahren abzüglich der Untersuchungshaft verurteilt, und zwar - kurz gesagt - wegen Beihilfe zum Mord.
Der Angeklagte legte gegen das oben genannte Urteil Berufung ein.
Untersuchung des Falles
Dieses Urteil ist das Ergebnis der Prüfung in der Berufungsverhandlung sowie der Prüfung in der erstinstanzlichen Verhandlung.
Das Gericht nahm die Klage der beiden Generalanwälte zur Kenntnis.
Die Generalanwälte haben gefordert, dass das Berufungsgericht das Urteil dieser Berufung aufhebt und den Angeklagten wegen der angeklagten Straftat erneut zu einer Freiheitsstrafe von 18 Jahren, abzüglich der Untersuchungshaft, verurteilt.
Die beiden Anwälte der Angeklagten plädierten auf Freispruch von der Anklage.
Urteil, gegen das Berufung eingelegt wurde
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben, da es im Widerspruch zu der nachstehenden Entscheidung steht.
Anklageschrift
Dem Angeklagten wurde - nach Änderung der Anklageschrift in erster Instanz - vorgeworfen:
am oder um den 27. Februar 2014 in Eindhoven gemeinsam und in Verbindung mit einer oder mehreren anderen Personen oder zumindest allein vorsätzlich und mit oder ohne Vorsatz das Leben des [Opfers] geraubt hat, weil der Angeklagte und/oder (einer oder mehrere) seine(r) Mittäter mit dieser Absicht und mit oder ohne ruhige Überlegung und friedliche Beratung mit einer oder mehreren Schusswaffe(n) (mehrmals) eine oder mehrere Kugel(n) in Richtung des [Opfers] abgefeuert haben, wodurch das [Opfer] von einer oder mehreren dieser Kugel(n) getroffen wurde, woraufhin das [Opfer] starb.
Sprachliche und/oder sachliche Fehler oder Auslassungen in der Anklageschrift wurden berichtigt. Die Verteidigung des Angeklagten wurde dadurch nicht beeinträchtigt.
Entlastung
Feststehende Fakten
Das Berufungsgericht stützt seine Beurteilung auf die folgenden festgestellten Tatsachen. Dabei geht das Berufungsgericht davon aus, dass es sich nur um solche Tatsachen handelt, über die - aufgrund der durchgeführten Untersuchung auf die Richtigkeit der entsprechenden Beweise - keine Diskussion mehr besteht.
Das Gericht stellt - ausgehend von diesem Ausgangspunkt - die folgenden Fakten fest:
- Am 27. Februar 2014 zwischen 21:20 und 21:24 Uhr wurde [Opfer] von einer oder mehreren Personen auf dem Parkplatz des [Ortes] in Eindhoven (im Folgenden: Tatort 1) beschossen, unmittelbar nachdem er aus seinem Auto ausgestiegen war. Diese Personen, oder einer von ihnen, benutzten dabei mindestens zwei Schusswaffen. Das [Opfer] wurde sieben Mal getroffen. Nachdem [Opfer] unter Beschuss geraten war, fuhren zwei Personen mit einem Motorroller davon. Dieser Motorroller wurde kurze Zeit später am [Tatort 2] in Eindhoven (im Folgenden: Tatort 2) brennend zurückgelassen, etwa 1.400 Meter vom Tatort 1 entfernt. Die Identität des Motorrollers konnte aufgrund der gefälschten Identifikationsdaten und des Brandes nicht mehr festgestellt werden.
- Am 28. Februar 2014 um 2.41 Uhr erlag [Opfer] im Catharina Krankenhaus in Eindhoven seinen Verletzungen. Genauer gesagt, er starb an Blutungen im Bauch und in der Brusthöhle, die durch die Durchschlagskraft mehrerer Kugeln verursacht wurden.
- Am Tag des Angriffs auf [Opfer] standen vier Personen über speziell verwendete Telefonnummern (mit den Endungen [Telefonnummer 1] , [Telefonnummer 2] , [Telefonnummer 3] und [Telefonnummer 4] ) über Textnachrichten miteinander in Kontakt. Über diese Telefone wurden die Nutzer kurz vor dem Angriff über die Bewegungen von [Opfer] informiert.
- Die Telefonnummern, die mit [Telefonnummer 2] und [Telefonnummer 4] enden, wurden von [Mitangeklagter 1] bzw. dem Angeklagten am Tag des Angriffs auf [Opfer] erworben.
- Die Senderdaten zeigen, dass die Nutzer der Telefonnummern [Telefonnummer 2] und [Telefonnummer 4] zum Zeitpunkt des Anschlags am Tatort 1 und kurz nach dem Anschlag (acht bis neun Minuten später) am Tatort 2 gewesen sein könnten. Orte, die sich in relativ geringer Entfernung voneinander befinden (1.400 Meter Luftlinie).
- Nach dem Mord an [Opfer] wurden [Mitangeklagter 2] und [Mitangeklagter 3] (über [Mitangeklagter 2] ) von [Mitangeklagter 1] mehrmals unter Druck gesetzt, Geld zu zahlen.
Keine direkten (objektiven faktischen) Beweise
Wie die Verteidigung hat auch das Berufungsgericht festgestellt, dass an oder in der Nähe der beiden Tatorte keine Spuren gefunden und gesichert wurden, die (einen der) Verdächtigen direkt mit dem Angriff auf [Opfer] in Verbindung bringen. Auch haben (Augen-)Zeugen nicht ausgesagt, dass der/die Verdächtige(n) dort anwesend war(en) oder den Befehl zur Durchführung des Angriffs gegeben hat/haben. Die Verdächtigen streiten ab, an der Ermordung von [Opfer] beteiligt gewesen zu sein oder haben sich konsequent auf ihr Recht zu schweigen berufen.
Gerade wegen des Fehlens solcher Beweise hat das Gericht die anderen vom Gericht vorgelegten und von den Generalanwälten angeführten (Indizien-)Beweise sehr vorsichtig beurteilt und gewertet.
Rufnummer [Rufnummer 4]
Nach Ansicht des Gerichts und der Generalstaatsanwälte ergibt sich die Beteiligung des Angeklagten an der Ermordung von [Opfer] (unter anderem) aus der Tatsache, dass der Angeklagte der Nutzer der Telefonnummer mit der Endung [Telefonnummer 4] war. Diese Telefonnummer und ein entsprechendes Telefon wurden vom Angeklagten am 27. Februar 2014 im Kijkshop in Eindhoven gekauft.
In der Berufungsverhandlung erklärte der Angeklagte in Bezug auf diesen Kauf - kurz und bündig -, dass er am Nachmittag des 27. Februar 2014 mit [Mitverdächtiger 1] im Auto der Mutter von [Mitverdächtiger 1] nach Eindhoven gefahren sei. Nach dem Besuch des Sonnenstudios sagte [Mitverdächtiger 1] dem Beschuldigten, er solle ein Telefon kaufen. Der Verdächtige wartete vor dem Kijkshop. Da [Mitverdächtiger 1] drei Mobiltelefone benötigte und nur zwei im Kijkshop kaufen durfte, bat [Mitverdächtiger 1] den Angeklagten, das dritte Mobiltelefon für ihn zu kaufen. Nach dem Kauf steckte der Angeklagte das gekaufte Handy in den Beutel mit den von [Mitverdächtiger 1] gekauften Handys. Er legte diesen Beutel in das Auto der Mutter von [Mitangeklagter 1]. Danach hat er das Telefon nicht mehr gesehen und auch die entsprechende Telefonnummer ( [Telefonnummer 4] ) nicht benutzt. Immerhin hatte ich diese für [Mitangeklagter 1] gekauft, so der Angeklagte.
Das Berufungsgericht hat berücksichtigt, dass der Angeklagte diese Aussage erst während des Berufungsverfahrens und damit nach Einsicht in die gesamte Akte gemacht hat. Dennoch hat diese Aussage des Angeklagten beim Berufungsgericht begründete Zweifel daran geweckt, dass der Angeklagte der Nutzer der Nummer mit der Endung [Telefonnummer 4] war.
Dieser Zweifel wird dadurch verstärkt, dass die Aussage des Angeklagten über den Ablauf des Kaufs des Telefons und der Telefonnummer durch die folgenden Fakten und Umstände gestützt wird.
- Der Filialleiter des betreffenden Kijkshops bestätigte, dass pro Transaktion maximal zwei Prepaid-Telefone gekauft werden können (siehe ergänzenden offiziellen Bericht "Kijkshop Kauf von Telefonen" vom 22. Januar 2016).
- Auf der Grundlage der bei der Berufungsverhandlung eingesehenen Kameraaufzeichnungen stellte das Gericht fest, dass [Mitbeschuldigter 1] zwei Telefone gekauft und bezahlt hat. [Mitbeschuldigter 1] verschwindet dann aus dem Bild. Kurze Zeit später kommen [Mitbeschuldigter 1] und der Angeklagte wieder ins Bild. Sie stehen miteinander in Kontakt. [Mitverdächtiger 1] kauft dann ein Telefon und während die Verkäuferin mit dem Verkauf beschäftigt ist, gibt [Mitverdächtiger 1] dem Verdächtigen eine Tüte mit den beiden Telefonen, die er gerade gekauft hat. Der Verdächtige legt das dritte Telefon in die Tüte und geht nach dem Verkauf mit der Tüte, in der sich drei Telefone befinden, wieder aus dem Laden.
- Die Quittungen beider Transaktionen zeigen, dass [Mitangeklagter 1] dreimal 10 € Guthaben zusätzlich zu zwei Mobiltelefonen gekauft hat. Um 14.28 Uhr kaufte der Angeklagte nur ein Mobiltelefon (S. 1010 und 1011).
In Anbetracht dessen hält das Berufungsgericht die Aussage des Angeklagten, dass er das Telefon und die Telefonnummer mit der Endung [Telefonnummer 4] für [Mitverdächtiger 1] gekauft hat und dass er nicht der Nutzer dieser Telefonnummer war, für plausibel.
Aussagen [Mitangeklagter 3]
Die Beteiligung des Angeklagten an der Ermordung des [Opfers] gehe auch aus der Erklärung des [Mitangeklagten 3] gegenüber dem Anhörungsbeauftragten vom 20. April 2016 hervor.
Vor dem Untersuchungsrichter am 20. April 2016 gab [Mitangeklagter 3] - soweit relevant und hier zusammengefasst - an, dass sie und [Mitangeklagter 2] von (unter anderem) dem Angeklagten und [Mitangeklagter 1] unter Druck gesetzt und bedroht wurden, Geld zu zahlen. Der Zahlungsdruck und die Drohungen standen im Zusammenhang mit Kokain, das in ihrer Wohnung lag. Da sie keine Betäubungsmittel mehr in ihrer Wohnung haben wollte, gab sie das Kokain ihrem Liebhaber [Mitangeklagter 2]. Daraufhin wurde sie (unter anderem) von dem Angeklagten an der Tür ihrer Wohnung bedroht. Während der Zeit, in der sie SMS schrieb, Anfang März 2014, wusste [Mitangeklagter 3], dass sie unter anderem mit dem Angeklagten eine SMS geschrieben hatte. Über [Mitangeklagter 2] soll [Mitangeklagter 3] die Telefonnummer des Angeklagten erhalten haben. Auf die Frage, ob sie wisse, wer hinter dem Mord stecke, gab [Mitangeklagte 3] an, dass ihr Verdacht bestätigt wurde, als [Mitangeklagte 1] und der Angeklagte verhaftet wurden.
Das Berufungsgericht sieht sich mit der Frage konfrontiert, ob die Aussagen des [Mitangeklagten 3] glaubwürdig und plausibel sind. Das Berufungsgericht verneint diese Frage, soweit es um die Drohungen geht. In seinem Urteil hat das Berufungsgericht die folgenden Umstände berücksichtigt.
i. Unterschiedliche Aussagen [Mitangeklagter 3]
hat unterschiedliche Aussagen gemacht. Gegenüber der Polizei gab sie am 4. März 2014 (unter anderem) an, dass sie von [Person 1] bedroht, von einem Lexus mit [Kennzeichen] verfolgt und von einer Person mit dem Spitznamen "Carp" bedroht worden sei (S. 440-450). Die Polizei führte umfangreiche Ermittlungen zu den angeblichen Bedrohern und dem Lexus durch.
Erst beim Untersuchungsrichter - und damit nachdem sie von den Ergebnissen dieser Ermittlungen und von den Telefonkontakten erfahren hatte, aus denen hervorging, dass [Mitverdächtige 3] und [Mitverdächtiger 2] von [Mitverdächtiger 1] zur Zahlung gedrängt worden waren - gab [Mitverdächtige 3] an, dass sie (auch) von dem Angeklagten und [Mitverdächtiger 1] bedroht worden war.
ii. Wanderer [Person 1]
Anlässlich der oben erwähnten Vernehmung von [Mitangeklagter 3] am 4. März 2014 gab sie Beschreibungen der angeblichen Bedroher ab und ließ von zwei von ihnen Phantomzeichnungen anfertigen (S. 440-450, 455 und 456).
Am 6. März 2014 fand das folgende Textgespräch zwischen [Mitangeklagter 3] ( [Telefonnummer 7] ) und [Mitangeklagter 2] ( [Telefonnummer 6] ) statt:
[Mitangeklagter 3] : "Sie haben einen und mehrere auf dem Auge".
[Mitangeklagter 2] : "Sie haben gerade gesagt, dass sie zwei abholen werden, aber wen dann?", "Sie haben gerade gesagt, dass sie bald zwei abholen werden, in welche Ecke werden sie dann gehen?" und "?".
[Mitangeklagter 3] : "Andere Winkel haben fehlgeleitet" und "Ich musste ein Foto machen".
[Mitangeklagter 2] : "Ok nicht in dieser Ecke so" (S. 4188) (Hervorhebung durch das Gericht).
Am 11. März 2014 erstattete [Mitangeklagte 3] ([Telefonnummer 7] ) eine anonyme Strafanzeige (MMA), in der sie angab, dass sie [Person 1] im Café über seine Absicht, [Opfer] zu töten, sprechen hörte. [Mitangeklagte 3] sagte dann, dass sie [Opfer] selbst nicht kannte (S. 1423 und 2328).
Aufgrund dieser Tatsachen und Umstände kommt das Gericht zu dem Schluss, dass [Mitbeschuldigter 3] die Polizei absichtlich in die Irre geführt hat. Diese Schlussfolgerung findet Unterstützung in dem Umstand, dass nach umfangreichen Ermittlungen der Polizei keine Hinweise aufgetaucht sind, die die Aussagen von [Mitangeklagter 3] über die Drohungen gegen [Person 1] und eine Person mit dem Spitznamen 'Carp' bestätigen, noch dass der erwähnte Lexus irgendetwas mit dem Angeklagten und/oder [Opfer] zu tun hatte (S. 1420-1434).
iii. Verirrung [Zeuge 1]
Am 19. Februar 2015 zeigte der Häftling [Zeuge 1] , der zusammen mit [Mitangeklagter 3] im Ter Peel Detention Centre in Evertsoord inhaftiert war, einem Mitarbeiter der Penitentiair Inrichtingswerker (im Folgenden: PIW-Mitarbeiter) einen Brief. Auf der Vorderseite des Zettels standen Schlüsselwörter/Phrasen im Zusammenhang mit (dem Mord an) [Opfer]. Auf der Rückseite war eine Person gezeichnet, auf deren Körper Tätowierungen und eine Narbe zu sehen waren (siehe den Bericht des PIW-Mitarbeiters vom 24. Februar 2015, der separat beigefügt ist, und die Anlagen 1 und 2, die dem Vernehmungsprotokoll des Angeklagten vom 25. November 2015 beigefügt sind). Darin erzählte [Zeugin 1], dass sie von [Mitangeklagter 3] bedroht wurde, damit sie ihre Tat aufnimmt.
Aufgrund dieser Tatsachen und Umstände kommt das Gericht zu dem Schluss, dass [Mitangeklagter 3] versucht hat, eine neue Straftat zu begehen.
iv. Abgleich der Aussagen von [Mitangeklagter 2] und [Mitangeklagter 3].
Aus der Akte geht hervor, dass [Mitangeklagter 3] und [Mitangeklagter 2] kurz vorher und nachher in ständigem telefonischen Kontakt zueinander standen, und zwar über SMS/Whatsapp-Nachrichten mit Telefonnummern, die jedes Mal nach relativ kurzer Zeit ausgetauscht wurden. Dies über Telefonnummern, die hauptsächlich dazu benutzt wurden, sich gegenseitig zu kontaktieren (S. 4170-4212). Bei den Kontakten mit diesen 'Geheimnummern' zwischen [Mitangeklagter 2] und [Mitangeklagter 3] wurde auch besprochen, was bei der Polizei angegeben werden musste (siehe z.B. S. 4179). Dass die Aussagen zwischen den beiden abgestimmt waren, geht auch aus dem Inhalt eines OVC-Gesprächs vom 16. Juni 2014 hervor (S. 3329-3333).
v. Plausibilitätsszenario Kokain
Darüber hinaus ist nach Ansicht des Berufungsgerichts auch das von [Mitangeklagter 3] vorgetragene Szenario, dass sie und [Mitangeklagter 2] von (u.a.) [Mitangeklagter 1] und dem Angeklagten unter Druck gesetzt und bedroht wurden, Geld für Kokain zu zahlen, das nicht von [Opfer] bezahlt worden wäre und das zum Zeitpunkt der Festnahme von [Opfer] in der Wohnung von [Mitangeklagter 3] gelegen hatte, an sich unplausibel. Denn das Gericht sieht nicht ein, warum, wenn [Mitangeklagte 3] ihrem Liebhaber [Mitangeklagter 2] Kokain gegeben hat, [Mitangeklagter 2] nach dem Druck und den Drohungen weder das Kokain noch das damit verdiente Geld an [Mitangeklagter 1] oder den Angeklagten zurückgegeben hat. Immerhin hat [Mitangeklagter 2] eingeräumt, mit Betäubungsmitteln zu handeln, so dass das Gericht davon ausgeht, dass er die Kanäle hatte, um das Kokain zu verkaufen.
Teilschlussfolgerung
In Anbetracht dessen, was oben unter i bis v erwogen wurde, hält das Berufungsgericht die Aussagen von [Mitbeschuldigte 3], einschließlich ihrer Aussage vor dem Untersuchungsrichter am 20. April 2016 über Drohungen durch den Angeklagten und SMS-Kontakte mit dem Angeklagten, für unzuverlässig. Das Berufungsgericht hält daher die von [Mitbeschuldigte 3] vor dem Untersuchungsrichter am 20. April 2016 gemachte Aussage für nicht beweisverwertbar, so dass auf der Grundlage dieser Aussage auch die Telefonnummer [Telefonnummer 4] nicht mit dem Angeklagten in Verbindung gebracht werden kann.
Daten des Senders [Rufnummer 4]
Was bleibt, ist die Beobachtung der Polizei, dass die Nummer [Rufnummer 4] während des Zeitraums, in dem sie aktiv war, gleichzeitig mit einer vom Angeklagten benutzten Nummer ( [Rufnummer 5] ) mehrmals auf demselben Mast ausgestrahlt wurde (S. 2824). Diese bloße Beobachtung reicht nach Ansicht des Gerichts nicht aus, um den Beklagten als Nutzer mit der Telefonnummer, die auf [Telefonnummer 4] endet, in Verbindung zu bringen.
Konversationen über Zahlungen
Nach Ansicht des Gerichts und der Generalstaatsanwälte wird die Beteiligung des Angeklagten an der Ermordung von [Opfer] auch durch den Inhalt von Text- und Whatsapp-Nachrichten belegt, die sich auf Zahlungen von [Mitangeklagter 3] bezogen.
In diesem Zusammenhang verwies der Generalstaatsanwalt insbesondere auf die Textnachrichten, die [Mitangeklagter 2] ( [Telefonnummer 6] ) am 5. März 2014 um 20.54 Uhr und 21.08 Uhr an [Mitangeklagter 3] ( [Telefonnummer 7] ) geschickt hatte und die Folgendes enthielten: "Ja Termin war drei Tage später jetzt ist sechs Tage später, dass ein Junge aus der Türkei in Wut zurückgekommen ist" und "Ja einer aus der Türkei will zurückkommen ja er will Pennies sehen" (Hervorhebung durch das Gericht). Es wird festgestellt, dass am
reiste am 28. Februar 2014 in die Türkei und verließ die Türkei am 5. März 2014 in Richtung Niederlande. Sein Reisebegleiter, [Zeuge 2] , kehrte hingegen erst am 10. März 2014 zurück. Auf dieser Grundlage kommen die Generalstaatsanwälte und das Gericht zu dem Schluss, dass der Angeklagte derjenige war, der früher aus der Türkei zurückkehrte, weil er Geld von [Mitangeklagter 3] erhalten wollte.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Verteidigung, unterstützt durch Unterlagen u.a. der Fluggesellschaft, nachgewiesen, dass der Angeklagte bereits am 25. Februar 2014 ein Rückflugticket in die Türkei gebucht hatte, wobei das Datum des Rückflugs der 5. März 2014 war. Daher kann das Gericht nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass der Angeklagte die Person war, die aus Wut (früher) aus der Türkei zurückgekehrt wäre, weil er Geld von [Mitangeklagter 3] wollte.
Das Gericht kann auch nicht feststellen, dass der Angeklagte am Tag nach dem Mord in die Türkei gereist ist, weil er "vom Radar verschwinden" wollte, wie der Generalstaatsanwalt behauptet. Die Verteidigung hat - unterstützt durch Dokumente - nachgewiesen, dass es sich um eine im Voraus gebuchte Reise mit einem Freund handelte.
Andere Beweismittel
Nach Ansicht des Berufungsgerichts reichen die anderen Beweismittel in der Akte nicht aus, um den Angeklagten mit hinreichender Sicherheit mit dem Mord an [Opfer] in Verbindung zu bringen.
Fazit
Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen ist das Berufungsgericht der Auffassung, dass es in der Akte Anhaltspunkte gibt, die auf einen Zusammenhang zwischen der Ermordung von [Opfer] und dem Angeklagten hindeuten. Daher hält es das Berufungsgericht für unverständlich, dass der Angeklagte in der ersten Instanz den Sachverhalt nicht offengelegt und z.B. keine Angaben zu seinen Reisebewegungen in die Türkei und den Gründen dafür gemacht hat. Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann jedoch nicht rechtskräftig und überzeugend nachgewiesen werden, dass der Angeklagte an der Ermordung von [Opfer] beteiligt war. Die vom Gericht wiedergegebenen und vom Generalbundesanwalt angeführten Beweismittel sind - auch insgesamt betrachtet - in dieser Hinsicht nicht ausreichend überzeugend.
Aufhebung der Untersuchungshaft
Aufgrund dieser Entscheidung sollte die Untersuchungshaft mit Wirkung von heute aufgehoben werden.
Bedingte Anfrage
Die Generalanwälte haben beantragt, dass, falls das Gericht einen Freispruch des Angeklagten in Erwägung zieht, die Erklärung von [Mitangeklagter 3], die in der Gerichtsverhandlung vom 24. Oktober 2016 abgegeben wurde, zur Akte des Angeklagten hinzugefügt wird. In dieser Erklärung hätte [Mitangeklagte 3] ihre Aussage vom 20. April 2016 gegenüber dem Untersuchungsrichter wiederholt, soweit sie wusste, dass sie mit dem Angeklagten eine SMS geschrieben hatte.
Nun, da die vereinbarte Bedingung erfüllt ist, sollte das Gericht über den bedingten Antrag der Generalstaatsanwälte entscheiden.
In Anbetracht der obigen Ausführungen zur Unzuverlässigkeit der Aussagen des [Mitangeklagten 3] hält es das Berufungsgericht nicht für erforderlich, die Aussage des [Mitangeklagten 3] in der Gerichtsverhandlung vom 24. Oktober 2016 zu den Akten des Angeklagten zu nehmen.
Das Gericht lehnte den Antrag ab.
ENTSCHEIDUNG
Das Gericht:
Das Berufungsurteil wird aufgehoben und das Recht wiederhergestellt:
Erklärt, dass nicht bewiesen ist, dass der Angeklagte die Anklagepunkte begangen hat und spricht den Angeklagten frei.
Der bedingte Antrag der Generalstaatsanwälte, die Erklärung von [Mitangeklagter 3] aus der Gerichtsverhandlung vom 24. Oktober 2016 zu den Akten des Angeklagten zu nehmen, wird abgelehnt.
Mit Wirkung von heute in Untersuchungshaft.
Deklariert von
Herr A.M.G. Smit, Vorsitzender,
A.R.O. Mooy und P.J. Hödl, Rechtsanwälte,
in Anwesenheit von R.P. van der Pijl, Kanzler,
und in öffentlicher Sitzung am 21. November 2016 verkündet.